Schritt-für-Schritt-Anleitung: So läuft die Begutachtung ab
Diese Anleitung zeigt dir, wie die Begutachtung durch den Medizinischen Dienst (MD, früher MDK) abläuft – vom Antrag bis zum Bescheid. Mit Checklisten und Praxis-Tipps, damit ihr gut vorbereitet seid.
Antrag stellen (Startschuss)
Stelle bei der Pflegekasse einen Antrag auf Leistungen der Pflegeversicherung (formlos reicht: „Hiermit beantrage ich Leistungen der Pflegeversicherung.“).
Wichtig: Eingangsdatum zählt für die Rückwirkung.
Kurz danach meldet sich der MD wegen eines Termins zur Begutachtung.
Tipp: Schon jetzt ein Pflegetagebuch beginnen (wer hilft, wobei, wie oft, wie lange).
Terminankündigung & Vorbereitung
Du bekommst den Begutachtungstermin per Telefon/Brief. Nutze die Zeit zur Vorbereitung:
Unterlagen-Checkliste
Aktuelle Arztberichte, Diagnosen, Entlassbriefe
Medikamentenplan und Hilfsmittelverordnungen
Pflegegrad-Bescheide (falls schon vorhanden) oder Reha-Berichte
Pflegetagebuch der letzten 1–2 Wochen
Kontaktdaten von Hausarzt/Fachärzten und ggf. Pflegedienst
Organisatorisch
Eine pflegende Bezugsperson sollte beim Termin unbedingt dabei sein.
Plant ausreichend Zeit (60–90 Minuten, je nach Situation auch mehr).
Der Begutachtungstermin vor Ort
Der MD besucht die pflegebedürftige Person zu Hause, im Heim oder Krankenhaus.
Ablauf in Kurzform
Begrüßung & Einordnung (Worum geht’s, wer ist anwesend?)
Gespräch über den Alltag: Was gelingt selbständig, wobei gibt es Hilfe?
Beobachtung/Tests je nach Bereich (z. B. Aufstehen, Ankleiden, Orientierung)
Rückfragen an Angehörige/Pflegedienst
Abschluss (Hinweise zum weiteren Ablauf)
Wichtig: Realistisch bleiben – nicht „besser funktionieren“ als im Alltag. Hilfebedarf offen zeigen.
Was wird bewertet?
Die Einstufung erfolgt mit dem Neuen Begutachtungsassessment (NBA). Bewertet werden u. a.:
Mobilität (z. B. Aufstehen, Fortbewegen)
Kognition & Kommunikation (Verstehen, sich mitteilen, Orientierung)
Verhalten & psychische Problemlagen (Unruhe, Ängste, Tag-Nacht-Rhythmus)
Selbstversorgung (Körperpflege, An-/Ausziehen, Essen/Trinken)
Krankheits-/Therapiemanagement (Medikamente, Arztbesuche, Verbände)
Alltagsgestaltung & soziale Kontakte
Die Bereiche fließen mit unterschiedlicher Gewichtung in eine Gesamtpunktzahl ein – Selbstversorgung wiegt besonders stark. Daraus ergibt sich der Pflegegrad (1–5).
Nach dem Termin
Der Gutachter erstellt das MD-Gutachten und sendet es an die Pflegekasse.
Du erhältst danach den Bescheid mit dem zuerkannten Pflegegrad samt Leistungsübersicht.
Zeitrahmen: Meist wenige Wochen nach dem Termin (variiert je Kasse/Auslastung).
Bescheid prüfen – und ggf. Widerspruch
Passt der Pflegegrad nicht zur tatsächlichen Situation?
Widerspruchsfrist: in der Regel 1 Monat nach Zugang des Bescheids.
Begründung: Konkrete Beispiele aus dem Alltag, Pflegetagebuch, neue Arztberichte.
Ggf. Höherstufung beantragen, wenn sich der Zustand später verschlechtert.
Praxis-Tipps (kurz & knackig)
Pflegetagebuch ist Gold wert – am besten täglich kurze Notizen (Zeitbedarf & Art der Hilfe).
Bei Tagesformschwankungen (z. B. Demenz): unbedingt auch die schlechten Tage schildern.
Hilfsmittel (Pflegebett, Rollator etc.) bereitlegen und Nutzung zeigen.
Angehörige/Pflegedienst sprechen lassen – sie sehen den Alltag oft am deutlichsten.
Fragen stellen: Wenn etwas unklar ist, direkt beim Gutachter nachfragen.
Mini-Checkliste zum Abhaken
Antrag gestellt (Eingangsdatum notiert)
Termin bestätigt & Bezugsperson eingeplant
Arztberichte/Medikamentenplan bereitgelegt
Pflegetagebuch (7–14 Tage) geführt
Alltag realistisch dargestellt (keine „Höflichkeits-Überkompensation“)
Nach Bescheid: Frist notiert, ggf. Widerspruch vorbereiten
Häufige Fragen (FAQ)
Wie lange dauert der Besuch?
Meist 60–90 Minuten, manchmal kürzer/länger – abhängig von der Situation.
Muss der Pflegebedürftige etwas „leisten“?
Nein. Es geht um ein realistisches Bild des Alltags, nicht um eine Prüfung.
Was, wenn am Termin ein „guter Tag“ ist?
Unbedingt die schwierigeren Tage schildern und im Pflegetagebuch belegen.